Zum Inhalt springen

WiB 23./24. Mai und was bisher geschah

Was bisher geschah:

Da habe ich mich nun eine ganze Weile nicht mehr gemeldet. Zumindest hier auf dem Blog. Ich denke es geht mir da einfach wie vielen anderen Müttern und einigen Vätern auch: ich muss meine knappen Ressourcen gut aufteilen. Besonders mangelt es an Zeit und Nerven. Beides brauche ich aber unbedingt fürs Schreiben. Und so habe ich die letzten Wochen mit irgendwie durchwurschtelt mit den Kindern und so viel wie es geht in der Beratung arbeitend verbracht. So langsam wird es besser. Zum einen gewöhne ich mich immer mehr an die neuen Umstände, aber auch die Kinder kommen Stück für Stück runter von ihrem wilden Ich-streite-und-quengele-und-langweile-mich-Trip. Ich sage das mit aller Liebe und Verständnis. Und einem kleinen einsamen Nerv, der sich ab und an mit einem leisen PING auch noch davonmachen möchte.

Gern würde ich mehr erzählen, aber ganz ehrlich. Irgendwie blicke ich zurück auf eine verschwommene Masse. Drei Dinge sind aber sehr präsent.

Ding 1: Pöbelrentner und Dinomama

Die Kinder kommen bei mir immer, bzw fast immer mit zum Einkauf. Ich sehe keinen Grund es nicht zu tun, und ich habe auch keine andere Wahl. Außerdem klappt es infektiologisch gesehen gut, zumindest was uns betrifft. Anderen hingegen fällt der gebotene Abstand hartnäckig schwer und ich muss leider sagen, es sind die lieben Älteren unter uns. Ich will jetzt keine Diskussion über Altersdiskriminierung oder so lostreten. Sie machen es ja nicht alle so. Es fällt ihnen schwer die Situation so schnell wie wir zu erfassen. Sie haben „ja schon so vieles überlebt“. Weiß ich. Ich weiß auch, dass es viele jüngere Idioten gibt. Ich berichte aber dennoch, was ICH persönlich sehe. Und folgendes Erlebnis spiegelt es einfach sehr gut wieder. (Von den Rentern, die sich auf den Bänken der noch kürzlich gesperrten Spielplätzen tummelten habe ich glaube ich schon berichtet).

Leo, Ella und ich stehen in der Kühlabteilung. Die Kinder fassen niemanden an, rücken keinem auf die Pelle und lecken auch nichts ab. Für das Alter eine Glanzleistung. Leo hatte sich wieder einmal geweigert eine lange Hose anzuziehen (es war kalt draußen) und zittertert sich zwischen Käse und Wurst vor sich hin. Die Erfahrung darf er auch gern mal machen, damit es das nächste Mal vielleicht doch die lange Hose ist. Ein Renterpaar findet die Situation interessant. Dass ältere Menschen uns gern zusehen kenne ich schon, auch eine kurze Unterhaltung über ihre eigenen Kinder oder Enkel begrüße ich durchaus. Ich kann es ihnen sehr gut nachempfinden. Auch Grenzüberschreitungen kenne ich nur zu gut. Mein schwangerer Bauch und kleine Kinder – wie oft schon musste ich vorwitzige Hände möglichst höflich und mit der Zeit überhaupt nicht mehr höflich oder zurückhaltend abwehren. Zu Zeiten des Kontaktverbots und Abstandsregeln hätte ich dennoch mehr Grenzbewusstsein erwartet.

Der ältere Herr lässt also zunächst einen Kommentar über fehlenden Stoff an Kinderbeinen ab.

Ich antworte bewusst knapp und mit der eingentlich unmissverständlichen Botschaft: Nicht Ihr Bier. Es kommt keine weitere Reaktion und wir gehen weiter. Im nächsten Gang tauchen die zwei Herrschaften wieder auf. Noch ein Kommentar, ein paar Schritte auf uns zu und schwups will eine Hand meinen Sohn anfassen. Ich bin schneller, stelle mich dazwischen und wende den beiden bewusst den Rücken zu. Wir gehen wieder weiter, kommen aber nur ein paar Schritte voran. Gerade möchte ich in ein Regal greifen, da kommt der Herr schon wieder an. Nutzt die Gelegenheit und kneift Leo in die Wange. Sein Gesicht dirket vor meinen Sohn. Ich kann nicht anders und sehe rot, schiebe meine Kinder hinter mich und werde laut. Mitten im Laden erkläre ich mit deutlichen Worten dass niemand Fremdes einfach Kinder anfassen darf. Dass es nicht nur unverschämt sondern zur Zeit auch gesetzlich verboten ist, andere einfach ins Gesicht zu fassen.

Was macht der Kerl? Zieht sich den Mundschutz aus und sagt: Ich hatte doch eine Maske auf!

Aufgeregt kommt eine Mitarbeiterin angelaufen, ich sehe den Stress in ihren Augen und wie sie sich an ein mal gelerntes Deeskalationsprogramm zu erinnern versucht. Ich mache schnell klar, dass alles geregelt ist. Dass die Herrschaften sich nun von uns fernhalten würden und gehe mit den Kindern zur Kasse. Hinter uns empört sich das Ehepaar. Es wäre doch gar nichts passiert. Die Kunden um sie herum machen einen großen Bogen und Leo sagt laut: Boah, du bist eine Dinomama! Der Kassierer grinst hinter seinem Visier und ich auch. Dennoch: ich mag das Gefühl nicht, dass sich auch noch ausgerechnet die vulnerabelste Bevölkerungsgruppe so rücksichtslos verhält. Ja ich weiß, keine Verallgemeinerung: dass sich scheinbar so viele dieser Menschen so rücksichtslos verhalten. Wie ist euer Eindruck und habt ihr schon ähnliches oder ganz anderes erlebt?

Ding 2: Spielplatz verboten?!

Irgendwann – ich kann das Datum schon gar nicht mehr genau nennen – war es so weit: die Spielplätze wurden wieder geöffnet. Den Kids hatte ich mit Absicht nichts davon gesagt und bin mit ihnen an besagtem Morgen recht früh losgezogen. Mit ein paar Umwegen erreichen wir einen Spielplatz, die Kids laufen schon automatisch drumherum. Ich hole sie ein und möchte sie überraschen. Ella lässt sich nicht zwei Mal sagen, dass sie jetzt wieder klettern und schaukeln darf. Leo hingegen kann es nicht glauben. Im wahrsten Sinne. Er rennt so schnell er kann über den Sand zum anderen Ausgang. Bleibt stehen und sieht uns gehetzt an. Er glaubt, mein Wir dürfen wieder auf den Spielplatz hätte bedeutet, dass wir einmal kurz drüberrennen dürfen. Als Abkürzung sozusagen. Ich muss ihm zwei weitere Male versichern, dass er wirklich wirklich hier spielen darf. Die ganze Situation ist völlig surreal. Und ich weiß nicht, ob ich weinen oder lachen soll. Es zeigt so deutlich und schmerzhaft, was Corona und seine Folgen mit unseren Kindern macht. An diesem Tag kann ich mich nicht freuen, obwohl sich ein Kind neben mir vor Glück im Sand wälzt.

Ding 3: Verliebt, (Kinder bekommen), verlobt, verheiratet?!

Tja, unsere Liebesgeschichte ist schon sehr außergewöhnlich. Er mein Vorgesetzer, ich kleine Studentin. Er äußerlich überhaupt nicht mein Typ. 2 Wochen nach unseren ersten Date sind wir zusammen. Ganz offiziell auch auf der Arbeit. Nach wenigen Monaten bin ich schwanger (obwohl ich vor ihm nie Kinder haben wollte), und unseren ersten Jahrestag haben wir ganz knapp noch ohne Kind geschafft. Immerhin sind wir verlobt als Ella zur Welt kommt. Genau genommen sind wir nun – Moment ich muss rechnen – 5 1/2 Jahre verlobt. Aus verschiedenen Gründen. Über 5 Jahre haben wir uns auf unsere Hochzeit gefreut. Letztes Jahr die Termine ausgemacht, den Raum gemietet. Ich habe mir im Januar mein Brautkleid bestellt, damit es auch ja rechtzeitig da ist. Und nun?

Nun ist nix mit feiern. Als sich die Tragweite der Pandemie abzeichnete, habe ich innerlich lange mit der Situation verhandelt. Wie können wir feiern? Wie viel kosten FFP3 Masken für alle, oder nur für die älteren? Wie scheiße ist das denn alles? Es hat recht lange gedauert, bis ich mir einstehen konnte: so wird das nix. Wenn wir heiraten, dann voller Freude und ohne Angst vor Quarantäne, oder davor einen geliebten Menschen anzustecken. Ohne Masken und Abstandsgebot. Ohne Einschränkungen. Dabei wollten wir doch Ende des Jahres an Kind Nr. 3 arbeiten. Die Vorstellung mit Säugling zu heiraten war ganz schlimm für mich. Stillen in dem Kleid geht nicht, und mit Ella als Baby zB wäre eine Feier schlichtweg nicht möglich gewesen. Für mich bedeutet das nur Stress, nicht Ausgelassenheit. Ins Kleid würde ich vermutlich auch nicht passen. Schwanger auch nicht. Und je nachdem was meine Schilddrüse so macht auch nicht. Schöne Scheiße.

Mittlerweile habe ich auch diese Trauerphase durch. Wann wir heiraten, wissen wir nicht. Wie viele Kinder wir dann haben auch nicht. Auch ob ich ins Kleid passen werde – bzw ob das Kleid dann noch zu mir passt – weiß ich nicht. Es ist so. Ich kann es nicht ändern. Wir heiraten also in diesem Jahr nur standesamtlich. Im kleinsten Kreise und ohne Umarmung unserer Eltern. Immerhin – die Trauringe konnten wir online bestellen und sind sehr zufrieden damit. Es ist ok.

Damit sind wir im hier und heute angelangt: SAMSTAG

Nach eher kurzer Nacht (Ella, unsere kleine Eule) stehe ich mir eher guter Laune auf. Ich mache Sport, so wie jeden Tag. Auch Corona und die größte Unordnung der Welt ändern nichts daran. Ohne bin ich einfach unausstehlich.

Dann teilen wir uns auf und gehen Einkaufen. Ohne Zwischenfälle. Ich wundere mich aber wie immer, dass gefühlt alle sich verhalten als hätte es Corona nie gegeben. Als stünden wir nicht noch immer am Anfang einer Pandemie. Als würden in den Ländern um uns herum die Menschen nicht reihenweise sterben. Nein, hier wird gedrängelt als gäbe es kein Morgen. Man hat ja eine Maske auf…

Zuhause angekommen isst jeder irgenwie etwas auf der Faust. Ein richtiges Frühstück gibt es nicht. Ich arbeite etwas, Pascal sortiert ein bisschen Technikkram aus und fotografiert es für den Verkauf. Die Kids spielen erst drinnen dann draußen. Ich wasche Wäsche, weil die Berge sich noch nicht hoch genug türmen. Ich wasche nochmal, weil eines der Kinder es nicht rechtzeitig vom Hochbett auf die Toilette geschafft hat.

Schon ist es Nachmittag. Die Männer lesen ein Buch, wir Mädels stillen und kuscheln ein bisschen.

Dann gibt es ein Resteessen das allen schmeckt.

Ella überrascht uns alle und schiebt noch ein Brot hinterher. Es ist wirklich wirklich unvorhersebar, wie viel oder wenig die zwei essen.

Genauso unvorhersehbar sind die Abende. Obwohl beide früh wach waren und keine Mittagspause hatten, ist Ella bis 22:30 Uhr wach. Wenigstens schläft sie dann ein.

SONNTAG

Ich werde recht früh wach, denke aber es sei schon total spät. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich mich nochmal hinlegen sollte. Am Wochenende geht das gut, weil Pascal dann immer mit den Kindern aufsteht. Als ich später ins Wohnzimmer nachzügle, schauen die drei Ice Age. Ich gammle ein bisschen vor mich hin, dann mache ich Sport und Pascal geht mit den Kids spazieren und ein Paket wegbringen.

Es werden Blumen und Steine gesammelt und dem Kitagebäude „Hallo“ gesagt.

Ich setze derweil einen Hefeteig auf. Ella ist Feuer ud Flamme und fragt alle paar Minuten, ob sie jetzt schon rollen darf. Die Hefe hätte auch schon ganz leise und ganz viel gepupst.

Während die Hefe ein zweites Mal fröhlich vor sich hin furzt, zocken Pascal und die Kids. Ich arbeite ein bisschen weiter und hoffe, dass die Wäsche Beinchen bekommt und von selbst in die Schränke krabbelt. Bis es so weit ist, raffen wir uns dann doch auf. Alles ist zwar noch nicht weg, aber immerhin ist bis auf einen Korb alles gefaltet. Als Belohnung gibt es den Puddingstreusel, der mir heute wirklich gut gelungen ist.

Die Kids drehen nun so richtig ab, daher sage ich tschüss. Für Fehlerlesen habe ich keine Zeit, wer fündig wird möge bitte nachsichtig sein. Ich bin nur noch gespannt ob uns heute ein ruhiger Abend gegönnt ist. HAHAHA!

Wie immer geht es hier zum WiB von Große Köpfe.

9 Gedanken zu „WiB 23./24. Mai und was bisher geschah“

  1. Schön, mal wieder von euch zu lesen.
    Deine Gründe rund ums Heiraten verstehe ich vollkommen. Ich glaube, der Weg „erstmal Standesamt im kleinen Rahmen und später der Rest“ ist das Beste. Hätte ich wohl auch so entschieden.
    Ich wünsche euch eine gute Woche.
    LG von TAC

    1. Ich wünsche euch auch eine schöne Woche. Und ja, zur Not feiern wir halt den ersten Hochzeitstag ein bisschen größer und dann in zwei Jahren die kirchliche Trauung. Mal sehen, etwas planen zu wollen ist sowieso sinnnlos zur Zeit. LG

  2. Ich kann deinen Eindruck, dass sich die Älteren einen Dreck um Abstand etc. scheren, nur bestätigen.
    Da wird vor allem bei Lidl gedrängelt und geschubst – vor allem, wenn es Angebote gibt. Komischerweise funktioniert das bei Rewe und Edeka deutlich besser. Da wird gewartet, bis man an die Kühltheke kann und nicht, wie es mir schon des Öfteren ging, über mich drüber nach irgendwelchen Waren gegrapscht. Ich spreche die Leute drauf an und bekomme dann als Antwort, ich solle mich doch nicht so anstellen. Man hätte doch – wie du auch sagtest – eine Maske auf.

    1. Ja, ich wünschte ja sehr mein Eindruck wäre absolut unrepräsentativ aber was du berichtetst höre ich auch von ganz vielen anderen. Ich will keine Gruppen über einen Kamm scheren. Witzigerweise erlebe ich es auch oft, dass ältere einen 10 Meter Bogen um uns schlagen, weil die Kinder ja Virenschleudern sein könnten. Ganz ehrlich: da wir die ganze Zeit zuhause sind, wären die anderen eher eine Gefahr für die Kids. Bei den Dränglern kann ich auch nicht mehr höflich bleiben, da werde ich mittlerweile sehr direkt und kenne keine falsche Scham.

  3. Hallo,
    es tut mir leid um Ihre so lange geplante Hochzeit. Natürlich sind solche Annäherungen , wie von Ihnen beschrieben nicht akzeptabel, aber wohl doch die Ausnahme. Ich könnte mich – einmal die Woche, denn häufiger kaufe ich nachwievor nicht ein, auch nicht für meine 75 jährige Mutter – genauso über das Verhalten von Familien echauffieren, die meinen, jetzt dürfen Kinder doch wieder „Alles“, auch zu 3 im Supermarkt herumrennen und die Eltern scheren sich nicht darum.

    Wenn wir Alle noch ein wenig länger oder überhaupt mit mehr Rücksicht und Respekt miteinander umgingen, wäre dies schön. Auch ohne Zwangsregelungen und Verbote.
    MfG
    Marion

  4. bei euch ist ja richtig was los. ja wir sind auch froh wenn der ganze Wahnsinn vorrüber ist und die Kinder wieder normal in die schule etc gehen dürfen/können. liebe grüße und ich freue mich immer von euch zu lesen.

    lg, erika

  5. Es ist immer so traurig, wenn ich Geschichten über verpatzte Hochzeiten wegen Corona lese. Ich kann das so nachvollziehen, weil wir noch überlegt hatten, Anfang des Jahres zu heiraten (was wir dann auch gemacht haben) oder auf eine schönere Jahreszeit zu warten und ich bin jetzt so froh, dass wir nicht gewartet haben. Wie habt ihr eure Ringe gewählt? Habt ihr Trauringe klassisch ausgesucht (wenn auch nur online) oder habt ihr welche mit diesen Ringkonfiguratoren gestaltet?

    1. ja ich schwanke auch zwischen: gibt schlimmeres/es ist ja nur verschoben und nicht abgesagt..und zwischen tieftraurig. Unsere Ringe haben wir online bestellt, evtl schreib ich da nochmal drüber

Schreibe einen Kommentar zu Marion Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Email
Email