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Kindersprechstunde beim Zahnarzt – Spaß muss sein

Der Besuch beim Dentisten – ich kenne niemanden, der sich darauf freut. Naja, bis vor kurzem. Da haben wir mit den Kids die Kindersprechstunde beim Zahnarzt besucht und unser „Kinderzahnarzt-Trauma“ von 2017 überwunden.

Ab wann zum Zahnarzt?

Spätestens wenn das Milchzahngebiss vollständig ist – so etwa mit 3 Jahren – ist es ratsam, ab und an einen Fachmann einen Blick in die Kindermünder werfen zu lassen. Vorsicht bzw. Vorsorge ist besser als jeder noch so vorsichtige Bohrer und dieses unglaublich eklige Nicht-Gefühl einer Beträubung. Wirklich, ich habe das erst letzten Monat – natürlich nur für euch! – getestet. Immerhin, ich habe knapp 30 Jahre bis zu meiner ersten Karies gebraucht. Trotzdem bleibt es eine Erfahrung, die besonders Kinder nicht unbedingt machen müssen. Vor gut einem Jahr sind wir daher mit unseren Kindern – Leo war 3, Ella 1 Jahr alt – zu einem Kinderzahnarzt gegangen. Es war fürchterlich!

Der Kinderzahnarzt macht es besser, oder nicht?

So dachten wir ganz optimistisch. Nach zwei nervtötenden Stunden kehrten wir der Praxis fluchtartig und für immer den Rücken zu. Was war passiert?

Problem 1: Wartezeit

Auf der Homepage rühmt sich die Praxis mit ihren kurzen Wartezeiten. Außerdem hatten wir den Termin für 8 Uhr morgens gemacht, sodass wir die ersten Patienten des Tages sein würden. Wir schaffen es sogar, pünktlich und ganz entspannt um Punkt 8 auf der Matte zu stehen. Erwartungsgemäß sollen wir zwecks Anamnesebogen ausfüllen noch im Wartezimmer Plazt nehmen. Dort sitzt schon eine andere Mutter mit ihrem Kind. Immerhin, für Spielzeug ist gesorgt und während Pascal und ich auf Ministühlen hockend die Fragebögen ausfüllen, beschäftigen sich unsere Beiden halbwegs selbst. Zumindest am Anfang.

Nach 45 Minuten ohne Weißkittel- oder Kasackkontakt bin ich mindestens so angepisst, wie ein Laternenpfahl inmitten eines Hunderudels. Was die da so lange getrieben haben und warum sich niemand genötigt sah, uns wenigstens kurz Bescheid zu geben, dass es wohl noch eine Weile dauern könnte – keine Ahnung. In jedem Falle höchst unprofessionell, besonders wenn es sich um Kinder(zahn)ärzte handelt!

Vom Regen in die Traufe

Nach fast einer Stunde werden wir endlich aufgerufen: die Wartezimmertür knallt auf und jemand ruft: Familie Jahnz, bitte! Vor Schreck ersticke ich fast an dem Ärger, den ich krampfhaft herunterzuschlucken versuche. An der Rezeption sehen wir das Gesicht zu der Stimme und werden in unser Behandlungszimmer geführt.

„Frau Doktor kommt gleich zu Ihnen“ heißt es, bevor wir wieder allein gelassen werden. Langweilig wird uns nicht, denn natürlich versuchen die Kinder alle Schubladen auszuräumen und sämtliche Flächen abzulecken.

Überdosis Weichspüler

Eine gefühlte Ewigkeit später ist es dann so weit: Frau Doktor kommt. Statt mit einem Knall, geht die Tür ganz vorsichtig auf und eine ältere Dame schleicht herein. Ich persönlich glaube ja nicht so an sichtbare Auren, aber ich schwöre: um sie herum schimmert plötzlich alles in blassrosa Farbtönen.

Sie öffnet den Mund und ein Teil meines Hirn erkennt, dass Frau Doktor zu sprechen beginnt. Es dauert einen Moment, dann hat sich mein Hörorgan auf die richtige Frequenz hoch- und die richtige Lautstärke heruntergeregelt. Wenn man da überhaupt noch von Laut-stärke reden kann. Vielleicht ist das ja eine ganz spezielle Methode, denke ich, als ich den Blick von ihr löse und meine Familie ansehe: Wir alle stehen regungslos da, die Mäuler sperrangelweit offen.

„Danke meine lieben Kinder, dass ihr mich besuchen kommt. Ich bin die Frau Dr. XY und wir spielen jetzt was ganz lustiges!“ Die Kinder finden das aber wohl nicht so lustig. Selbst Babys scheinen mir zu reif für diese Art der Kommunikation. Es ist, als hätte die Dame zum Frühstück einen Eimer pinken Weichspüler getrunken oder als Kind in einen ebensolchen Kessel gefallen. Schwer zu beschreiben und noch schwerer auszuhalten.

Kinderzahnärzte haben mehr Ahnung vom Stillen?

Nein. Jedenfalls dieses Exemplar nicht. Nach dem Heititei-Herumgeeiere folgt der Versuch, den Kindern in den Mund zu gucken. „Bitte darf ich einmal deine tollen Beißerchen bewundern, das wäre ganz doll lieb von dir!“ Den Rest erspare ich euch. Ellas Zahn und auch Leos Gebiss wurden als sehr sauber und unauffällig betitelt. Unser Nicht – Schnullergebrauch (von den Kindern ausgehend!) wird gelobt. „Na so einen Unsinn braucht wir ja auch nicht“. Über den Sinn oder Unsinn von künstlichen Saugern lässt sich streiten. Ich persönlich hätte mir gerade bei Ella gerne diese Alternative für ihr ausgeprägtes Saugbedürfnis gewünscht!

Zuletzt schaut Dr. Rosa auf die Anamnesebögen und ich kann das aufziehende Gewitter in ihrem Zuckerwattekopf förmlich riechen. „Sooo, soooo Frau Jahnz. Ihre Tochter ist 11 Monate und Sie stillen noch?! Na, wenn sie Karies bekommt, wissen wir ja wer Schuld hat. Das muss ganz schnell ein Ende nehmen!“

Jawohl, dass hier muss ganz schnell ein Ende nehmen! Statt sie aufzufordern, sich doch in dieser Hinsicht bitte fortzubilden und mir so eine unverschämte Ansage zu verbitten (wie haben hier schon genug Zeit und Energie verloren), ziehe ich eine Augenbraue hoch und verabschiede uns. Auf Nimmerwiedersehen.

Kindersprechstunde beim Zahnarzt: Klappe die 2.

Wir spulen vor – Frühling 2019: gute 1,5 Jahre und so einige Kinderzähnchen später, drückt uns so langsam das elterliche Gewissen. Mittlerweile putzen beide recht passabel ihre Zähne und lassen uns Große auch meist freiwillig nachputzen, dem Zucker sind sie aber ebenfalls nicht gerade abgeneigt…

Nach dem Kinderzahnarzt – Fiasko hatten wir uns dafür entschieden, einem ganz normalen Zahnarzt die Ehre zu erweisen. Tatsächlich bieten sogar recht viele eine Kindersprechstunde an, was uns vorher nicht so bewusst war. Und schlimmer als beim letzten Mal kanns ja wohl nicht werden. Oder?

Die Wartezeit

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Montagnachmittag, kurz vor Vier Uhr. Die Kids freuen sich schon, wir Eltern betreten die Praxis immerhin mit vorsichtigem Optimismus. Im Wartebereich gibt es genügend Spiezeug und Bücher, um auch längere Zeiten zu überbrücken. Dazu kommt es aber gar nicht. Nach 10 Minuten Anamnesebogenausfüllerei und einmal Lieselotte vorlesen, werden wir und zwei andere Kinder schon abgeholt.

Einziges Manko: man hat uns vorher nicht gesagt, dass nur ein Elternteil mit darf (Platzgründe), und dass der ganze Spaß eine Stunde dauert. So kam es, dass Pascal 30 Minuten im Wartezimmer saß, bevor ich mich kurz loseisen und ihn heimschicken konnte. Da hätte ich mir mehr Informationen – z.B. auf der Website – gewünscht. Sicher kämen auch wesentlich mehr Kinder in die Praxis, wenn die Schnupperstunde dort ein wenig mehr Erwähnung finden würde.

Zähneputzen ist nicht schwer

Die Schnupperstunde wird immer von der selben Assistentin (bei uns Frau Z.) durchgeführt. Als erstes sollen wir uns in einen Kreis setzen, jedes Kind bekommt eine kleine Zahnbürste und Frau Z. holt sich ihren Kuschellöwen Putzi als Verstärkung. Putzi hat eine ganz schön große Klappe…

Zusammen putzen die Kinder und Putzi ihre Beißerchen und Frau Z. gibt jedem Kind ein paar Tipps. Am Anfang finde ich die Situation ein bisschen steif, aber die Kinder haben ihren Spaß und machen tatsächlich alle mit. Vielleicht habe ich einfach zu viel altes Kopfkino aus meiner Grundschulzeit, als mal eine Zahnärztin samt „nacktem“ Gebiss recht herrisch erklärt hat, wie wir zu putzen haben. Heute sind die Kids jedenfalls eifrig bei der Sache.

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Der Zauberstuhl

Nach guten 10 Minuten ist der „Pflichtteil“ vorüber und es wird laut in dem Zimmer. Jedes Kind darf sich auf den Zauberstuhl setzen. Der funktioniert nur bei Kindern und reagiert auf ihre Befehle. Mit Auf-die-Nase-drücken und Am-Ohrläppchen-ziehen fährt der Stuhl hoch und runter, vor und zurück. An der Decke hängt ein großes Bild, auf dem jedes Kind andere Dinge entdeckt, wenn es zurückgelehnt auf dem Stuhl liegt. Ob das Bild im Ernstfall immernoch so toll ist, wird sich in den nächsten Jahren wohl noch zeigen. Heute jedenfalls sind Stuhl und Bild eine Attraktion sondergleichen.

Die durstige Susi

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Ich dachte eben, es sei laut? Nun, es geht noch lauter. Frau Z. stellt uns die beiden Susis vor: Die kleine und die große Susi. Beide schlafen den ganzen Tag neben dem Zauberstuhl. Nur manchmal werden sie wach und sind dann sehr, sehr durstig. Leider haben sie nicht so gute Manieren und schlürfen und schlabbern ziemlich doll. Und am liebsten trinken sie Spucke. Heute aus Putzis Mund. Mit viel Freudengeschrei und einer kleinen Wasserschlacht machen sich die Vier nichts aus dem eher unangenehmen Geräusch.

Wieviele Zähne hast du schon?

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Zu guter letzt zählen wir zusammen Putzis Zähne. Außerdem kommt Dr. Laura dazu, die kann nämlich wirklich gut Kinderzähne zählen. Gegen das helle Licht gibt es eine Sonnenbrille und natürlich dürfen die Kinder wieder den Zauberstuhl bedienen. Man glaubt es kaum, aber es ensteht ein kurzes Gerangel: Wer darf als erster? Ich bin gleichermaßen stolz und ein wenig peinlich berührt, als Leo sich breitmacht und laut brüllt: Ich zuerst!

Ella ist das dann doch noch nicht so geheuer, daher darf ich als Unterlage herhalten. Da sperrt auch sie weit ihr Mäulchen auf. Diagnose bei beiden: alles gut. Nach etwaigem Stillen werde ich nicht gefragt (vermutlich, weil es niemand erwartet), aber ganz eindeutig führt das nächtliche Stillen oder Leos Fläschchentrinken am Abend auch nach 3 bzw. 5 Jahren nicht zu Karies oder Zahnschiefständen. (Dass das sowieso nicht stimmt, ist eine ganz andere Geschichte).

Die Schatztruhe

Weil die Kinder dem Zahnarzt heute so prima geholfen und die Susis gefüttert haben, darf sich jeder eine Kleinigkeit aus der Schatztruhe aussuchen. Darin sind kleine Dinos, Autos und vieles mehr. Die Kinder kommen definitiv gerne wieder. Und ich auch.

Mein Fazit: der Ton macht die Musik

Abgesehen von der eher mäßigen Vorabinformation über den Ablauf der Kindersprechstunde, hat mir der Nachmittag beim Zahnarzt sehr gut gefallen. Nach den ersten holprigen Minuten sind die Kinder mit Frau Z. und auch dem „Ambiente“ sehr schnell warm geworden. Die Kids wurden auf Augenhöhe und spielerisch an die verschiedenne Geräte und zum Teil abschreckenden Geräusche herangeführt. Dadurch, dass sie selbst Kontrolle über alles hatten, baut sich erst gar keine Berührungsangt oder die Angst vor dem Unbekannten auf. Gespannt bin ich nur noch auf die Reaktion, wenn ich beim nächsten Besuch unsere lange Stillzeit erwähne.

Ganz anders war es in der Kinderpraxis vor 1,5 Jahren: Weder wir Eltern, noch die Kinder wurden ernst genommen. Nichts durfte angefasst werden. Menschlich und fachlich hat hier einfach einiges gefehlt. Natürlich bedeutet das nicht, dass gleich jede Kinderzahnarztpraxis schlecht ist. Wie so oft, kommt es sehr auf die Personen an, die dort arbeiten. Probieren geht über studieren, auch beim Zahnarzt 😉

So, und nun bin ich neugierig! Wie sind eure Erfahrungen mit Zahn- oder Kinderärzten?

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