Hochzeit im verlixten 7. Jahr: von keinen Schmetterlingen, gesattelten Pferden, fehlenden Trauzeugen, bockigen Kindern, Blitzgewitter und 40 Minuten Flitterwochen. Ach ja, und Corona
Hochzeit im verflixten 7. Jahr: Es begann mit Snickers
Pascal und ich zäumen das Pferd ja bekanntlich meist von hinten auf. Ich weiß dass sehr viele mehr oder weniger offen an der Haltbarkeit unserer Verbindung gezweifelt haben, als wir nach wenigen Wochen nach unserem ersten „Date“ zusammenkamen. In diesem Sommer habe ich wochenlang für das 1. Staatsexamen gebüffelt, und ab und an in der Ortho gearbeitet. Für persönliche Treffen blieb überhaupt keine Zeit und eigentlich war Pascal (irgendwie ein kleines bisschen mein Vorgesetzter….) überhaupt nicht auf meinem Radar. Umgekehrt schon, aber ich darf behaupten dass eine gute Portion Schüchternheit im Wege stand. Dann kam das Snickers-Eis in seinem Kühlfach, das eine Kette von Ereignissen ins Rollen brachte. Kein Witz. Ein Snickers-Eis brachte uns wohl zusammen.
Frisch bestanden haben wir uns nach sehr, sehr viel Schreiben das erste Mal zu zweit getroffen.
Weil ich mich ständig verirre, hat er mich gentlemenlike abgeholt. Circa 2 Wochen später haben wir unserer Teamleitung und meiner Chefin unsere Beziehung gebeichtet mitgeteilt. Unseren ersten Jahrestag haben wir ganz ganz knapp noch höchstschwanger statt zu dritt feiern können. Den Verlobungsring habe ich mit ausgesucht und musste dann noch bis Weihnachten darauf warten. Seither haben wir aus verschiedenen Gründen mit der Hochzeit gewartet. Ella bekommen. Beide beruflich umorientiert und Fuß gefasst. Und dann endlich die Termine für unsere Sommerhochzeit 2020 gemacht. Hochzeit im verflixten 7. Jahr.
Hochzeit im verflixten 7. Jahr – was soll schon passieren?
Tatsächlich musste ich kürzlich nachrechnen, wie lange wir zusammen und wie lange wir schon verlobt sind. Denn es fühlt sich an wie eine Ewigkeit. Es fühlt sich an als wären wir schon längst verheiratet. Viele haben unsere Verbindung damals scheitern sehen. Das kann ja nicht gut gehen, die kennen sich doch kaum und dann direkt ein Kind. Ich kann diese Gedanken nachvollziehen. Wenn es um jemand anderen ginge hätte ich sie vielleicht auch gehabt. Doch für Beziehungen gibt es niemals eine Garantie. So viel kann passieren. So unterschiedlich kann man sich entwickeln. Diese flatterhafte Liebe, die Schmetterlinge im Bauch verfliegen so schnell und sobald die Brille nicht mehr rosa ist, sieht man die unschöne Realität. Ja, das kann geschehen. Bei uns allerdings, war es von Anfang an anders.
Ich habe nie Schmetterlinge im Bauch gehabt
Ich war nie „verschossen“ in meinen Mann. Klar, es war neu und daher auch aufregend. Aber ich habe sofort dieses feste Band gespürt. Ohne Schmuck, ohne Schnickschnack aber vielleicht auch deshalb bombenfest. Weniger rosa Tönung, dafür der direkte Blick auf den echten Menschen dahinter. Alltagstauglich, alltagsbeständig. Ich wusste (und er auch): das ist mein Mensch. Nicht füreinander geschaffen, doch geschaffen um es miteinander auszuhalten und dabei den Spaß nicht zu verlieren. Dafür geschaffen Katastrophen zu überstehen. Zusammen. Und ja, die Mauern um uns herum haben in den letzen Jahren ordentlich gewackelt. Um uns sind Dinge zerbrochen, wir haben große Ängste gehabt. Und wir haben gestritten. Ich war unzufrieden. Wir beide haben Eigenschaften, die den anderen regelmäßig auf die Palme bringen. Wäre ich „nur“ verliebt gewesen, wir hätten es nicht überstanden. Doch verloren haben wir uns nicht. Unserer Verbindung sei Dank. Der Arbeit an uns selbst sei Dank.
Niemand weiß, was die Zukunft noch bringt.
Ich weiß: wir werden damit fertig. Und so sagten wir schweren Herzens unsere kirchliche Trauung und die Feier ab. Verschoben. Auf irgendwann in der Zukunft. Verheiratet im Herzen, verbunden und einander verpflichtet seid wir vor über 6 Jahren eine Familie gegründet haben. Und immerhin nun gesetzlich Mann und Frau. Auch das lief eher untypisch ab:
Hochzeit im verflixten 7. Jahr – Mit Kindern und Pandemie
So kommen wir also zum 2.7.2020. Eher spontan dürfen unsere Eltern mit zum Standesamt. Der Trauzeuge hat das Datum….verbummelt. Ebenfalls spontan gibt es bei uns zuhause einen kleinen Brunch. So der Plan. Vielleicht hatte mein im Januar sehr zeitig bestelltes Brautkleind mir etwas sagen sollen, als es auf dem Weg zu mir plötzlich verschollen war. Und dann doch noch auftauchte. Der Gedanke kommt mir jedenfalls morgens, als ich schnell eine kleine Runde Sport mache.
8 – 10 Uhr: knappe Kiste
Viel Zeit haben wir nicht, immerhin hatten wir das Brautkleid Schnüren schon mal geübt. Das muss darf nämlich der Bräutigamm machen. Nix mit „Man darf sich vor der Hochzeit nicht sehen“. Viel eher sehen wir uns leicht hektisch in die Augen, bevor Pascal schnell Brötchen holen geht und ich unter die Dusche hüpfe. Die Kinder am Vortag zu baden, haben wir vergessen. Für Pascal muss heute auch der Waschlappen reichen. Immerhin – wir sind gerade noch rechtzeitig angezogen, ich schnell frisiert und geschmikt. In weiser Vorraussicht sind auch die Schuhe der Kinder schon rausgelegt. Oder? Oder?! Wo sind Ellas Schuhe hin?
10 Uhr irgendwas
Quälende 5 Minuten später tauchen sie in Ellas „hab ich angehabt, geht aber nochmal“ Wäschekörbchen auf. Die Kids kloppen sich um den größeren Teil der Schleppe und wir gehen durch den leichten Nieselregen zum Auto. Auf der Fahrt zum Standesamt wird mir wie immer leicht übel. Diesmal wesentlich schneller als sonst. Der Uringestank im Parkhaus macht es auch nicht besser. Ich klemme mir die Schleppe unter dem Arm (jetzt weiß ich auch warum es Schleppe heißt!) und wir galoppieren dem Standesamt entgegen. Natürlich wird mein Kleid trotz Schlepperei schmutzig. Im Vorraum warten unsere Eltern und überraschen uns mit Ansteckern und einem Brautstrauß. Pascal hatte ich nämlich verboten mir einen zu kaufen. Nach der Anmeldung warten wir noch 15 Minuten, Mit Maske natürlich. Kurz bevor wir für den Papierkram abgeholt werden, muss ich nochmal pinkeln. Komisch. Dabei war ich eben noch.
10:45 Uhr: Ne, lieber doch nicht
Die Kids wollen natürlich auch nochmal aufs Klo. Gerade als sie losrennen, werden Pascal und ich schon mal für den Papierkram abgeholt. Wer uns da abholt wissen wir nicht genau, die Dame stellt sich erst ein gutes Stückchen später als Fotografin vor. Erstmal sorgt der Mann für ein bisschen Mehrarbeit. Geplant war für ihn ein Doppelname, die Kids und ich behalten weiterhin meinen. Geplant heißt konkret: bei der Anmeldung im Januar waren wir noch immer nicht auf einem Nenner. Als wir an den Punkt der Namnesfrage kamen, haben wir beide hilflos den Atem angehalten, bis Pascal mit schmerzvoll verzogenem Gesicht schließlich ankündigt, er nähme einen Doppelnamen. Es hätte uns wahnsinnig viel Stress erspart, wenn man uns dort schon gesagt hätte:
„Sie müssen sich nicht jetzt entscheiden. Das können sie jederzeit noch nachholen“.
Dieser Satz fällt leider erst heute, als Pascal mit peinlich betroffener Stimme einen Rückzieher macht. Immerhin: die Maske verbirgt unser aller Mienenspiel. Und immerhin: ist eh egal, wir haben alle Zeit der Welt doch noch den Familiennamen zu ändern. Nur die Standesbeamtin findest es wohl nunja, außergewöhnlich. Vermutlich nicht zum letzten Mal heute.
10:50 Uhr Verliebt, Verlobt…
Die Fotografin steht währenddessen an der Türe und irritiert mich ein klitzekleines bisschen. Als sie sich endlich vorstellt, denke ich bei mir: hmm, davon war nie die Rede und eigentlich hat Pascals Papa seine (professionelle) Kamera mit. Was uns genau 0€ kosten würde. Doch ich bin irgendwie überrumpelt und sage mir noch: naja musst ja nix kaufen. Dann geht es mit unseren Gästen auch schon rüber ins Trauungszimmer. Wenigstens Pascal und ich dürfen die Maske abnehmen. Mangels Trauzeuge sitzen die Kinder vorne. Und dann geht’s los. Die ganze Chose dauert 9 Minuten. Ich weiß das so genau, weil mein Papa zum Glück alles gefilmt hat. Viel mitbekommen habe ich nämlich nicht.
Wir sitzen (die Kids für ganze 10 Sekunden) und die Standesbeamtin erhebt ihre Stimme. Es beginnt ein heruntergeleierter 0815 Monolog, mit sehr sehr enger Tonlagenbandbreite . Zum Glück nehme ich das kaum wahr, weil die Kids auf uns herumklettern und die Fotografin mir mit ihrer dauerblitzenden Kamera Tränchen in die Augen klickklickt! In meiner Eigenwahrnehmung bin ich sicher: mein Gesicht spricht Bände. Dem Videobeweis sei Dank, weiß ich heute dass ich nicht ganz so mitgenommen und genervt dreingeschaut habe, wie befürchtet. Fast schon hätte ich mir nämlich gewünscht, doch eine Maske zu tragen.
Verheiratet – dann halt beim nächsten Mal…
Mit seltsamen Redewendungen (Sie müssen schon „Ja“ sagen und nicht „aber nur wenn dies, aber nur wenn das, aber nur wenn überhaput dann und dann“) steuern wir auf das Ringanstecken zu. Wir stehen auf, Ella quetscht sich zwischen uns, Leo steht hinter Pascal. Ring 1, Ring 2. Verheiratet. Wir sollen dürfen uns küssen. Wir versuchen unser bestes, während Ella ihrem Papa mit dem Luftballon eine überzieht (voll auf die Neune) und ihr Bruder die Fotografin anbrüllt: Aufhören! Er spricht mir damit aus der Seele. Ich wünschte, ich hätte den Schneid gehabt und nicht der Harmonie willen die Klappe gehalten. Ich würd ja sagen: na dann halt beim nächsten Mal…aber neeee.
Wir werden beglückwunscht. Ich warte auf Pippi in den Augen. Ich weine ständig bei den kleinsten halbwegs feierlichen Anlässen. Stattdessen wischt der Mann sich einmal coronaetikettemissachtend durchs Gesicht. Als Abschlusswort weist uns die Standesbeamtin noch sehr unpassend darauf hin, wie blöd es ist jetzt nicht groß feiern zu können. Danke für den Hinweis. Dann geht es raus, vor grauem Innenstadthintergrud Fotos schießen
Bitte Lächeln – so ein Käseeee
Mein Schwiegerpapa bekommt das irgendwie nicht mit und rennt los zum Parkhaus. Leo verweigert sich auch mit übelster Laune. So gibt es also sehr erinnerungswürdige Hochzeitsbilder mit ohne großem Opa und ohne Leo. Dafür versuche ich tapfer, gute Miene zu äh.. wirklich chaotischem Spiel zu machen. Das fällt mir natürlich besonders leicht, denn ich liebe ja gestellte Fotos. Nicht. Ein bisschen später sind wir dann gezwungen, für die Fotos über 200 € zu blechen.
Dann stapfen wir zurück zum Parkhaus mit dem Urinaroma. Mir wird wieder speiübel. Durch das Autofahren noch mehr. Zuhause gibt es noch ein Brunch. Am frühen Nachmittag sind wir alle durch. Die Omas und Opas verabschieden sich. Die Kinder sind quer und unsere Flitterwochen bestehen aus 40 Min Zweisamkeit während die Kids fernsehen. Erst am Abend, in einem ruhigen Moment laufen bei mir die Tränen. Nur kurz, denn für mehr blieb keine Zeit. Was ein Fest! Unsere Hochzeit im verflixten 7. Jahr: im Nachinein sogar noch denkwürdiger als gedacht. Aber das erzähle ich ein anderes Mal. Und jetzt erzählt mal: wie war eure Hochzeit?
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